Kuba Teil 6: Fahrt in den Südosten

Sierra de Cubitas in der Ferne
Sierra de Cubitas in der Ferne

google maps unserer Route

Friedhof mit Blick auf Sierra de Cubitas
Friedhof mit Blick auf Sierra de Cubitas

Am nächsten Tag steht uns also eine lange Fahrt bevor. Das eigentliche Ziel ist Baracoa. Diese Stadt ist, durch ihre Lage zwischen Bergkette und Meer, ziemlich ablegen von allen anderen Städten Kubas. Die Stadt war einst sogar die Hauptstadt Kubas (lang, lang ist es her) für ganze 4 Jahre. Es war mal die erste Stadt, die auf dieser Insel gegründet wurde. Angeblich legte bereits im 15. Jh. Columbus hier an. Wir wollten aber nicht unbedingt wegen des geschichtlichen Hintergrundes dorthin.
Laut Routenplaner sollte es etwas über 11h Fahrt sein. Das wir diese Reisegeschwindigkeit niemals schaffen würden, war uns klar. Unsere Taktik ist also: 1. Hauptsächlich auf der Autobahn so weit wie möglich und auch sonst nur die größeren eingetragenen Straßen zu nehmen 2. Die Fahrt auf 2 Tage zu verteilen 3. Wir wollten an der Ostküste und über das Gebirge fahren, weil es so schön sein soll und Kuba wieder von einer ganz anderen Seite zeigt. So ein Plan muss natürlich recht offen gestrickt sein, denn wer weiß schon, was auf so einer langen Tour alles passieren kann und mittlerweile haben wir ja schon so einiges erlebt. Was könnte uns also noch fehlen????

Zentralkuba, Stadtansicht während der Durchfahrt

Zentralkuba, Ciego de Avila Stadtansicht während der Durchfahrt

Regen natürlich. Und jetzt nicht so ein bisschen Geplätscher, nein so ein richtiger monsunartiger Regenschauer. So einer, bei dem man mehr ein Boot als ein Auto braucht. Anfangs kommen wir gut voran. Ok naja vielleicht ist das wohl sehr optimistisch, denn in Ciego de Ávila verfahren wir uns, weil wir versuchen die Umgehungsstraße zu nehmen. Leider endet diese irgendwo auf einem Maisfeld. Wir quälen unseren kleinen Peugeot also durch die Gassen des dreckigen und ziemlich kaputten Stadtteils zum Zentrum, um dort wieder unsere Wegweiser zu finden. Die Löcher sind noch größer als irgendwo sonst auf der Insel. Ich hätte wetten können, dass mir bei einem sogar ein Thailänder zugewunken hat. Außerdem gibt es noch lauter Einbahnstraßen und wenig Blickfeld, so dass man schnell den Überblick verliert. Da dies nicht unbedingt die typische Touristenstadt ist, kann man davon ausgehen, dass, wenn man einen Touribus sieht, der bestimmt auf der Durchfahrt ist und man sollte sich dann schleunigst dem anhängen. Übrigens ist es nicht so leicht auf der Autobahn mal eine Stelle zu finden, wo man mal schnell in die Büsche kann. Egal wie abgelegen es ist, plötzlich steht da jemand und will dir Reis, Bananen oder sonstige angebaute Lebensmittel verkaufen. Oder dort, wo es Büsche gibt, sind Zäune mit Stacheldraht oder kleine Ortschaften. Irgendwas ist immer.

Bayamo bei Nacht, Kuba
Bayamo
Ich weiß nicht mal, wie weit wir eigentlich schon gekommen sind, aber irgendwann am Nachmittag fängt es an – der Regen. Zuerst nur ein wenig und immer wieder mit Pausen versetzt, so dass wir uns schon beinahe darüber lustig machen: „Ja ja karibischer Regen, wenn das alles war, dann ist ja gut“. So was darf man nicht mal denken. Niemals. Wir sind vielleicht 50-60km vor Bayamo (soweit wollten wir es wenigstens schaffen) als die Wolkendecke immer dichter und dunkler wird, wird auch der Regen stärker und dauert an. Jetzt ist noch nicht mal Einbruch der Dunkelheit und man kann nicht sehr viel auf der Straße sehen. Da wird einem schon mulmig. Leider schaukelt sich das Wetter zu einem richtigen Wutanfall hoch. Als wir Bayamo erreichen, haben wir KEINE Ahnung, wo wir in der Stadt sind, KEINE Unterkunft für die Nacht und sehen auch KEINE Straßen- oder Hinweisschilder für Übernachtungsmöglichkeiten. Ihr wisst diese kleinen blauen umgedrehten Anker. Planlos und auf der Suche nach einem Zimmer fahren wir langsam die Straßen entlang. Tipp: Versuche niemals an den Straßenrand zu fahren, um irgendwas zu machen. Als ich das tat, hab ich gleich eine dieser Abflussrinnen mitgenommen. Das hat ganz schön gerumst. Wie die Rinne, war aber auch die Straße voll mit Wasser und daher für mein ungeübtes Touri-Auge unsichtbar. Wir wenden und wollen es in einer anderen Straße versuchen und so biege ich ab und et voilá es wummst wieder. Ich habe noch irgendein Loch mitgenommen und es hörte sich diesmal noch gefährlicher an. Dann sind wir gerade auf einem erhöhten Bahnübergang als wir auf der andere Seite sehen, dass es dort keine Straße mehr gibt. Nur noch ein Fluss, wo sich mal so etwas wie eine Straße befand. Wenden? Geht nicht. Hilft nur noch Augen zu und durch. Junge Leute spielen noch Fußball, während die älteren Herrschaften versuchen das Wasser aus ihren Häusern zu schaufeln und wir mitten drin. In meinem Kopf läuft nur noch „Geradeaus, die Welle immer vor dir herschiebend“ im Dauermodus. Ich hoffe, dass sich nicht noch weitere Schlaglöcher im Fluss befinden. Beinahe am Ende der Ortschaft liegt eine etwas höher gelegene Buswendeschleife, die ich natürlich gleich nutze, damit wir aus dem Flussbett rauskommen. Doch was nun??? Einige Kubaner sitzen ganz gechillt in der Bushaltestelle, während bei uns nur Weltuntergangsstimmung im Auto herrscht. Auf der anderen Seite gibt es eine weitere Straße, die wohl wieder (hoffentlich) in die Stadt führt, ohne dass ich wieder durch den Fluss muss. Wir wollen es versuchen und fahren die Straße den Hügel hinauf und werden dann aber durch einen LKW aufgehalten. Ein junger Kubaner versucht uns mitzuteilen, dass es dort nicht weitergeht. Und ja die Querstraße hat sich zum Teil bereits verabschiedet. Von unserem Standpunkt aus, sieht es fast so aus, als wenn es dort einen Erdrutsch gegeben hat. Denn von unserem Teil zur Querstraße ist plötzlich ein Abbruch von vielleicht 1-1,5m. Er zeigt auf den nächsten Querweg, den wir dann auch eher gewillt sind zu nehmen und uns langsam am LKW vorbeischieben. Hier gibt es keinen Fluss, dafür aber Hausbewohner, die verzweifelt mit Spitzhaken versuchen Rinnen in den Weg zu schlagen, damit das Wasser von ihrem Grundstück über die anderen Grundstücke zur Hauptstraße aka Fluss abfließen kann. Am Ende der Straße erreichen wir diesen sogar wieder und müssen uns erneut durchkämpfen, allerdings nur noch ein kleines Stück. Dann seh ich das Zeichen. Ich bin ja fast sprachlos. 
Bahama, Unterkunft La Paz, Kuba
Ausblick vom Balkon unserer Casa
Da hängt wirklich ein Lonely Planet Schild mit La Paz und Richtungsweisungen. Boah endlich ein Hinweis auf eine Unterkunft und in dem Moment haben wir uns auch ganz Lonely auf dem Planeten gefühlt. Wir folgen diesen Schildern und kommen endlich im Zentrum und bei einer Casa an, wo wir dann auch aufgenommen werden. Gestrandet und völlig fertig, aber mit einer super netten Casa, wo es sogar eine etwas erhöhte und abschließbare Garage gibt. Ich sag euch, das war eine Tortur. Weil das aber ein Teil unseres Erlebnisses ist, gibt es davon ein Foto. Man erkennt zwar weder den starken Regen noch an dieser Stelle die Überflutungen, aber während der Fahrt hatte ich nicht wirklich eine Hand oder auch den Kopf frei dies alles zu dokumentieren.


Ich habe über google noch ein Bild von Ciego de Ávila gefunden, dass so in etwa unsere Erfahrung mit Bayamo wiederspiegelt. Bei uns war es jedoch bei 20Uhr abends und darum halt auch noch dunkel.


Die Casa ist gerade im Umbau und wir haben Glück, dass bereits wenigstens ein Zimmer fertig ist. Auf Spanisch versuch ich zu klären, ob wir bei ihnen Abendessen bekommen oder auswärts im Restaurant. Innerhalb einer halben Stunde zaubert uns die Besitzerin und wie ich annehme ihre Angestellten ein super Dinner auf den Tisch. Da durch den Regen die Dachterrasse nicht nutzbar ist, wird ganz schnell das Wohnzimmer umgebaut. Ich kann diese Gastfreundlichkeit immer noch nicht ganz fassen. Da sitzen wir nun in deren Wohnzimmer und haben einen großen gedeckten Tisch mit allerhand leckeren Sachen vor uns. So lieb und was für eine Erholung.

Am nächsten Morgen begutachten wir das Auto und können keine Schäden erkennen. Bin ich froh. So können wir unsere Tour weiterführen. Von Bayamo soll es nun auf der Autobahn Richtung Santiago de Cuba gehen. Mit unseren Erfahrungen sind wir nun selbstbewusster und ich denke noch „Ach lass mal eine Abkürzung fahren“ und die Autopista Nacional 1 führt sowohl nach Süden als auch irgendwann später in den Osten (die Anbindung dazwischen fehlt leider noch). Die Straße ist als feste Befahrung in unserem Kartenmaterial angegeben. Das wird schon. Und wieder falsch. Irgendwie verlier ich auch noch den Überblick und leite uns quer durch die Pampa (vermutlich auf der Carr. Central de Cuba). Ich bin unsicher zwischen welchen Städten wir uns tatsächlich befunden haben. Irgendwo zwischen San Luis und Alto Songo fahren wir im Schritttempo Off-Road mit einem Peugeot 208. Der Weg ist weder asphaltiert noch horizontal ausgeglichen (erinnert eher an solche ausgebauten Quad- und Off-Road Fahrgelände). Da ich nach letzter Nacht als Fahrer erstmal die Schnauze voll hatte, musste meine Mutter uns heil durchbringen. Drei Kreuze als wir das hinter uns lassen können und wieder auf normale Straßenverhältnisse stoßen.

Zentralkuba Aussicht während der Fahrt

Santiago de Cuba Lettering, Kuba

Guantanamo Lettering, Kuba

Dort finden wir auch den Anschluss auf die Autobahn Richtung Guantánamo. Übrigens ist es auf Kuba verboten militärische Anlagen zu fotografieren. Das gilt natürlich auch für das amerikanische Gebiet bei Guantánamo Bay. Von der Straße (wieder Carr. Central de Cuba) sieht man allerdings eh gar nichts von der Navy Station und interessiert sind wir daran auch nicht. Die Strecke entlang der Küste ist wirklich wieder ein ganz anderes Kuba. Ich kann mich gar nicht entscheiden, wo es mir besser gefällt. Jede Landschaft und ihre Besonderheiten haben so ihren Charme. Die Insel ist so abwechslungsreich und das obwohl sie doch noch recht klein ist (gut es ist die größte in der Karibik). Bedingt ist das natürlich durch ihre Lage in der tropischen Klimazone, aber auch durch die geformte Landschaft der Bergketten etc. Leider haben wir durch die „Abkürzung“ reichlich an Zeit verloren und da es noch ungewiss ist, was uns noch bevorsteht im Gebirge, halten wir nur sehr selten auf der Küstenstraßen. Dadurch verpassen wir auch einige Sachen, die sicherlich sehr interessant gewesen wären u.a. Tortuguilla. Da dieser Landstrich häufiger von Wetterverhältnissen wie Hurrikans betroffen ist, ändert sich auch die Küste stärker. Darüber hinaus sind der Wind und die Brandung, die an die Ufer und Küste schlagen ziemlich stark. Für Wassersportarten wie Kit-Surfing an einigen Stellen wohl durchaus spannend. Tourismus gibt es hier zwar, aber dieser hält sich soweit wir es erkennen noch sehr in Grenzen. Vom Klima her ist es sehr angenehm. Keine stickige, heiße Luft mit hoher Luftfeuchte mehr

Südküste Kubas, Aussicht während der Fahrt
Südostküste

Südküste Kubas, Aussicht während der Fahrt
Küstenabbrüche

Südküste Kubas, Aussicht während der Fahrt
Südostküste

Südküste, Gebirgskette, Kuba, Aussicht während der Fahrt
Sonne und Gewitterwolken im Wechselspiel
Meine Mutter testet bei einer Puller- und Fotografierpause die Ehrlichkeit der Kubaner. Nicht nur dass sie das Auto unabgeschlossen stehen lässt, bleibt auch gleich die Fahrertür sperrangelweit offen. Ich bin total fassungslos und sehr ärgerlich darüber. Es ist zwar nichts passiert, auch wenn ein paar Autos und ein Bus daran vorbeigefahren sind, aber es waren ja all unsere Papiere im Peugeot. Argh. I am not amused.

Südkuba Aussicht während der Fahrt
wieder zurück auf einem Teilstück der Straße
Flora, Südkuba Aussicht während der Fahrt
Vegetation an der Küstenstraße

Die Straße endet dann auf einmal. Cut und weg war sie. Wir also wieder Off-Road bis wir bemerken, dass sich der Abschnitt lediglich im Bau oder auch Sanierung befindet. Hinweise gab es nicht und aus der breiten Straße war ein Einbahnschotterweg geworden. Zum Glück ist dort wenig Verkehr, so dass wir ohne Komplikationen fahren können. In Cajo Babo halten wir uns Richtung Baracoa und von nun an geht es ins Gebirge. Die Straße ist gut befahrbar und die Aussicht unbeschreiblich. Es gibt immer wieder Aussichtpunkte, an denen man anhalten könnte um Fotos zu machen. Wo sich aber mögliche Touristen aufhalten, gibt es natürlich auch Verkäufer. Und auch wenn man sie nicht gleich sieht, es gibt sie. Glaubt mir. Die springen plötzlich aus irgendwelchen schattigen Plätzchen hervor. Und wo eben noch menschenleere herrschte, stehen plötzlich 5 Leute mit Waren. Wir sind etwas überfordert mit dieser Situation und auch abgeschreckt und halten nicht an. Da nicht viel Verkehr ist, haben wir einige Fotos aus dem Auto heraus gemacht und an einer Stelle gab es einen Erdrutsch, so dass dort der Blick in die Ferne freigegeben war. Es werden bestimmt nicht die Weltklasse Fotos, aber etwas für die Erinnerung.

Über Baracoa und unsere Ausflüge berichte ich dann im nächsten Blogpost, da dieser ja bereits recht lang ist. Also wer noch nicht eingeschlafen ist, der kann sich schon mal auf den nächsten freuen. Dann gibt es wieder etwas weniger Text und mehr zum Anschauen.

Blick auf die Sierra del Purial, Kuba
Blick auf die Sierra del Purial
Gebirgsstraße, Kuba
Gebirgsstraße


Am Rande:
Auf irgendeiner dieser längeren Routen wurden wir auch von der Polizei zur allgemeinen Kontrolle angehalten. Sie haben unser Auto und den Inhalt des Kofferraumes inspiziert und sich auch die Sonnenbrille meiner Mutter genauer angeschaut. Ich weiß nicht, wie das auf Kuba gehandhabt wird mit Kontaktlinsen und Autofahren. In dem Moment war ich nur froh, dass ich nicht gefahren bin. Meine Sonnenbrille ist nämlich nicht mit Stärke, da ich ja Kontaktlinsen benutze. Da nichts vorlag und wir von denen wohl auch als harmlos erschienen sind, konnten wir weiterfahren auch ohne „Bestechung“. Alles lief bei uns tiptop.


Ein anderer Tipp:
Wir haben es immer so gehandhabt, dass wir den Tank nur selten unter die Hälfte leer gefahren haben. Besonders wichtig war uns das auf Bergketten wie Sierra del Escambray und auch hier zwischen Guantanamo und Baracoa. Entlang der Küstenstraße sind so gut wie keine Tankstellen und im Gebirge schon mal gar nicht.


Einen weiterer Tipp, den ich den weiblichen Reisenden mitgeben möchte, kauft euch eine Puller-Hilfe. Es ist einfach gut, wenn man diese Möglichkeit hat und man muss sich (mit etwas Übung im Vorhinein) nicht mehr vollständig entblößen. Ich finde das auch auf europäischen Autobahnen hilfreich. Auch hier gibt es einige WC-Anlagen bei denen man lieber wieder rückwärts raus möchte. Es ist also keine einmalige Sache für die man das brauchen kann.

Kommentare